Karlsruhe 30.8.37

M. 28.

Mein lieber Max-Albert!

Es war mir sehr lieb, dass Du am 27. d.M. nach meinem Ferngespräch doch noch geschrieben hast.
1) Es wäre mir erwünscht, den Namen Deines Rechtanwaltes (nur für alle Falle ohne dass ich besonders Anlass jetzt dazu habe) zu wissen. Wer hat ihn Dir empfohlen u. gilt er als zuverlässig? Ist letzteres auch bei den Wirtschaftsberater E. Sch. der Fall? Hoffentlich macht er keine gewagten u. nur legale Sachen!

2) Sehr wichtig, ist dass Du Dir darüber klar bist, dass Du jederzeit Dein jetziges Vermögen (ca. 29000 R.M (höchstens) nach der Dir neulich gesandten Aufstellung) und die Hälfte des meinigen (als Deinen Erbteilrat*) also noch ca. 10000.-R.M. zur Verfügung hast. Da letzterer zum Teil in Hypotheken festliegt, hat mir V. erklärt, dass er Dir jederzeit, sobald ich es wünsche, die äquivalente Summe in Bar überweisen kann, sodass Du also jedenfalls schon ca 39000 R.M. jetzt zur Verfügung hast. Ausserdem bittet

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*Der „Nachzettel“ des Testaments (wegen Teilung 5:2) dessen Abschrift Du nach Mutters Tod bekommen hast, soll nach damaliger Ansatz des hiesigen Notars bei der Tat: Eröffnung ohnehin nicht giltig sein, da seine Form nicht mit dem Testament übereinstimmt.

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2.

Marianne Dich dringend, von ihrem Vermögen jedenfalls noch soviel als möglich anzunehmen, soweit dass der Schwester auf legalem Wege erlaubt ist. Dein Wirtschaftsberater kann ja aus den drei Listen der Effecten von Dir, Vater, u. Schwester, die ich Dir kuerzlich gemacht habe (u. die Du also Alttreu wohl nicht zu geben brauchtest) entnehmen, welche Stücke u. wie sie für Dich verwertet werden können. Sie stehen Dir immer zur Verfügung. Nur ist wohl ratsam, die Grenze soweit einzuhalten, dass Du eben keine Reichsfluchtsteuer zu zahlen brauchst, denn nach meiner Rechnung verliert man in der Nähe dieser Grenze ohne Reichsfluchtsteuer (bei einem Sperrmarkkurs von ca. 20%) nur 80%, mit Reichsfluchtsteuer aber mehr als ca. 85%! Bis zu 10000 R.M. darfst Du meines Erachtens jetzt ohne Skrupel auch noch von Deiner Schwester als mehr verwandter annehmen, wenn es legal u. zweckmässig verwendbar ist. V. ist einverstanden, wenn es zweckmässig ist, was nur Deine Berater sagen können. Mehr als 50000 R.M. können wir Dir wohl überhaupt zweckmassig nicht mitgeben, d.h. < 20000 Du + 10000 ich + 10000 Marianne, diese aber jetzt wohl.

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3.

Wegen des Strukturberichtes etc. kannst Du an Jolow. persönlich schreiben, ich werde es vermutlich in diesen Tagen auch thun. Meine Bücherzettelkasten sandte ich Dir gestern in 2 Postpaketen, um deren Bestätigung ich bitte, gleichzeitig auch die beiden Metallringbücher, die Du ja wohl bei Beschäftigung im Dept. of Engineering gut wirst brauchen können. Willst Du meinen Tiegel haben (ca. 19g)? Er hat aber wohl nur noch 30 R.M. Wert u. soll Dir keine unnötigen Scherereien machen. Mit Feldstecher bin ich einverstanden. Beim Mikroskop (es kommt ein mineralogischer mit Polar-Einrichtung bzw. ein metallographischer in Betracht) ist zu bedenken: erstens ob Du es bei kurzer Lieferfrist überhaupt bekommst, zweitens ob Du er mitnehmen darfst als Dein Handwerkzeug, drittens ob Du nicht bei der Einreise in Amerika dort sehr hohen Zoll u. zwar in Dollar (!) zahlen musst, wenn sie

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Tante Toni hat am 31. Aug. Geburtstag.

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4.

es nicht als Altbesitz anerkennen! Mit Beseitigung aller Erkennungsmerkmale der Neubeschaffung, ev. Einrichtung Deines Namens, Schwärung der Politur des Kastens etc. versuchen vielleicht Manche so etwas zu erreichen, aber es ist fraglich, ob ich Dir dann raten soll u. ob es das Risiko lohnt.

Pelzmantel ist grosse Vertrauenssache. Du musst für die dortigen oft sehr harten Winter einen Gebrauchspelze haben, nicht einen „Transferpelz“. Jedenfalls musst Du alle Deine guten Sachen gut versichern gegen Verlust, Diebstahl, Feuer Motten etc.. – Was die Nadeln wert sind, kannst Du wohl nur von einem Berliner Juwelier taxieren lassen. Ich glaube, dass es nicht der Rede wert ist.

Auf Deinem Wunsch sende ich Dir hier Dein Kontobuch für die Einkommensteuererklärung. Ich hatte es küzlich mit Deinem 775 R.M. Zinsen ungefähr abgeschlossen u. ausgeglichen. Die 1937 von mir erhaltenen 28000 R.M. aber sind wohl nicht als Dein Einkommen, sondern als Deine „Schulden“ an mich zu betrachten. Hast Du Affidavitspapiere etc. von Fa. erhalten? Was macht Carenztransfer? Mir geht es nicht schlechter, das Doppelsehen kann aber noch Monate dauern. Herzlichen Gruss von Deinem Vater.

Karlsruhe, August 30, 1937

M. 28.

Dear Max Albert,

I was very glad that you still wrote to me on August 27th after my long-distance call.

1) I would like to know the name of your lawyer (just in case, although I have no special reason to do so now). Who recommended him to you and is he considered dependable? Is your economic advisor E. Sch.? Hopefully, he doesn’t do anything risky and only legally.

2) It is very important that you are aware that you can always access your current assets, which include (approximately 29,0000 Reichsmarks (maximum) according to the list recently sent to you) and half of my assets (your inheritance*), i.e., approximately 10,000 Reichsmarks. Since the latter is partly invested in mortgages, Viktor explained to me that he can transfer you the equivalent amount in cash at any time as soon as I wish, so that you would have 39,000 Reichsmarks available.

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*The “follow-up note” to the will (because of a division of 5:2), the copy of which you received after your mother’s death, would not be valid anyway according to the local notary’s approach. His form does not match the will.

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2.

In addition, Marianne urges you to accept as much of her fortune as possible, provided that a sister is legally permitted. According to the three lists of stocks and bonds that I made for you (including me, Marianne, and you, and which you probably don’t need to give to Altreu), your economic advisor can see which ones you can use. They are always at your disposal. However, it is probably advisable to stay within the limits so that you don’t have to pay any Reich flight tax. According to my calculations, you will only lose 80% at this limit without the Reich flight tax (at a blocked mark rate of approximately 20%). However, with the Reich flight tax, you will lose more than 85%! In my opinion, you can now accept up to 10,000 Reichsmarks from your sister as a relative, if this sum can be used legally and expediently. Viktor agrees, but only your advisers can tell you. We probably cannot give you more than 50,000 Reichsmarks, i.e., < 20,000 you + 10, 000 me + 10,000 Marianne,

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3.

You can write to Jolow. personally, about the structural report, and I will probably do the same in the next few days. Yesterday, I sent you my card index of books in two parcels, which I ask you to confirm. At the same time, I also you two metal ring binders, which you can likely put to good use at your position in the Department of Engineering. Do you want my crucible (approximately19g)? It is probably only worth 30 Reichsmarks and shouldn’t cause you any unnecessary trouble. I agree with you about the binoculars. Regarding the microscope (a mineralogical one or a metallographic one can be considered) you have to consider: firstly, whether you can obtain it at all within a short time frame, secondly whether you can take it with you as your equipment, and thirdly whether you would have to pay a lot in customs fees in dollars when entering the U.S.A., especially if they don’t recognize it as property.

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Aunt Toni’s birthday is on August 31st.

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4.

Some people may try to eliminate all identifying features of a new acquisition, possibly by labeling it with their name or weakening the polish of a trunk etc. However, I am not sure if I should advise you and if it is worth the risk.

A fur coat is a matter of great trust. You must have useful furs for the very harsh winters there, not a “transfer fur.” In any case, you must insure all your valuables against loss, theft, fire, moths, etc. You can likely have the pins valued by a Berlin jeweler. I don't think it’s worth mentioning.

At your request, I can send you your account book for your income tax return. I recently closed and balanced your account with the 775 Reichsmarks interest. The 28,000 Reichsmarks that I received in 1937 would probably not be regarded as your income, but as your “debt” to me. Have you received affidavit papers from the company? What about your leave? I’m not doing any worse, but the double vision can last for months. Warm regards from your father.