Klrh. 25. 10. 36.

Lieber Max-Albert!

Besten Dank für Deinen sehnlichst erwarteten Brief vom 22 d. M. Ich bitte Dich, die an sich ja notwendige, sehr interessante Arbeit mit jener Ruhe zu betreiben, die allzu grosse innere Erregung u. körperliche, hartüberreizte Erschöpfung ausschliesst. Die Hast führt nur zu geringer Leistung u. Fehlschlüssen. Stetigkeit in der Arbeit ist fruchtbarer, nicht zu überstürzt aber auch nicht mit zuviel Pausen. Dass blosser Reiben den Uebergang der β-Phase nicht unerwartet u. nicht besonders neu (z.B bei monatl. S.), aber vielleicht auch wegen „Umklappen“ auf Gleit - .u. Spaltungsflächer ist erklärlich (?) (Tammann, Lehrb. d. Metallographie 2 Aufl. 1921 S. 57 u.f.), es wird aber vielleicht E. Cohen u. Onkel Walter (Frkf) interessieren.

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Wenn die β-Phase am leichtesten aus CaO u. Rohkohle entsteht, so müsste man überlegen, ob man die bei uns verwendeten anderen Kohlearten nicht vor Reaktion mit CaO in einem Holzkohlartigen Zustand bringen kann, um β-Phase zu erhalten. Wäre vielleicht feinster Zerkleinern der Kohle z.B. mit der Kolloidalmühle (Toulson) dazu geeignet? Wodurch unterscheidet sich Holzkohle von Koks z.B. röntgenografisch? Oder sind es die Aschebestandteile, die wesentlich sind? Vergl. Ullmann 2te Aufl. II 758.–

Ich sandte Dir heute 200 R.M. auf Dein Postscheckkonto Berlin No. 161428 (u. nicht 141628 wie Du versehentlich in Deinem Briefe schreibst. Hoffentlich schusselst Du chemisch nicht so!) Ich betrachte sie als Geschenk für Dich. Vielleicht reden wir einmal zu Weihnachten darüber, ob ich die 30 M. monatlich Allianzversicherung, so lange ich lebe u. kann, für Dich bezahle.

Dass Du noch immer nicht an Freudenberg geschrieben hast, ist mir sehr peinlich. Es braucht ja gar nicht ein zu langer Bericht zu sein. Mit Deiner Schwerfälligkeit, die keine Entschuldigung durch zuviel Arbeit hat, da derartige kurze Briefe nur Entschlusskraft aber nicht viel Zeit kosten, schadest Du Dir vielleicht oft sehr!!

Das beiliegende Gedicht von Mar. v. Willemer kannst Du vielleicht einmal für eine singende Freundin Freundin (Nicht von Ewald?) verwerten als Aufmerksamkeit.

(left margin)

Mir geht es ganz ordentlich. – An der Hochschule liest jetzt an Stelle der emerit. Prof. Paulcke als „Lehrbeauftragter“ vertretungsweise ein Dr. Karl Georg Schmidt, Diplom-Bergingenieur, Geologie. Ist das Dein ehemaliger Schulkamerad von der Kaiserstrasse & Delikat. Laden)?

Karlsruhe, 25 October 1936

Dear Max-Albert,

Many thanks for your eagerly awaited letter from the 22nd of the month. I request that you conduct your very interesting work in a calm manner, which excludes excessive enthusiasm and physical exhaustion. Haste only leads to poor performance and false conclusions. Consistency in work is more fruitful, but don’t be too hasty or take too many breaks. The fact that reaming does not unexpectedly cause the β-phase transition may be explained by the “folding over” on sliding and cleavage surfaces. See Tammann, Textbook of Metallography, 2nd edition, 1921 p. 57-). Perhaps this will also interest E. Cohen and Uncle Walter in Frankfurt.

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If the β-phase is formed most easily from CaO and raw coal, you would have to consider whether other types of coal couldn’t be transformed into a charcoal-like state before they react with CaO to obtain the β-phase. Would the finest comminution of the coal, e.g., with the colloidal mill (Toulson), be suitable? How does charcoal differ from coke, for example from an X-ray perspective? Or are the ash components essential? Compare Ullmann, 2nd edition, Volume II, pg. 758.

I sent you 200 Reichsmarks today to your checking account in Berlin, #161428 (and not #141628 as you accidentally wrote in your letter. I hope you don't make such mistakes in chemistry!) I consider it a as gift for you. At Christmastime, perhaps we'll talk about whether I'll continue to pay the 30 Marks a month for your Allianz insurance for as long as I live and can.

I'm very embarrassed that you still haven't written to Freudenberg. It doesn't need to be a long report. Your clumsiness, which has no excuse on account of too much work, may cause a great deal of personal harm, especially since such short letters only require resolve but not much time.

Perhaps you can use the enclosed poem by Mar. v. Willemer for a girlfriend who enjoys singing (Ewald’s niece?).

(left margin)

I'm doing well. At the university, instead of the Emeritus Professor Paulcke as “lecturer,” it now reads Dr. Karl Georg Schmidt, qualified mining engineer and geologist. Is that your former schoolmate from the Kaiserstrasse and delicatessen store?